Am Montag Nachmittag tagte, wie berichtet, der Gütersloher Hauptausschuß; Detlev Buschkamp von Freifunk Gütersloh war geladen, unsere Sicht darzulegen und Fragen zu beantworten.
Ich fasse mich kurz und gehe nur auf den Freifunk betreffenden Tagesordnungspunkt ein: Nach einem sehr anschaulichen Vortrag Detlevs begann dann das »Kreuzverhör« durch die Auschußmitgliederinnen und -mitglieder, was positiv verlief. Nachdem der Verwaltung mehr oder minder die rechtlichen Argumente ausgegangen sind, verlegte die Vertreterin der Verwaltung die Argumentation darauf, ob es Aufgabe der Stadt sei, Infrastrukturen wie die von Freifunk zu unterstützen. Denn die Dinge hätten sich seit Februar rasant geändert, Unity Media hätte vor, »kostenloses WLAN« in 100 Innenstädten auszubauen und Gütersloh sei unter diesen ersten 100 Städten. Zitat: »Die Dinge entwickeln sich ohne unser Zutun prächtig.« Ich würde soweit gehen und dies als Tenor der Verwaltungseingaben bezeichnen …
Nunja, nach einer langen, zeitweise eher zähen Diskussion, stellte die CDU-Fraktion, unter Bezug auf das Ergebnis in Harsewinkel – wo die Stadt sich raushalten möchte wegen unspezifizierter »rechtlicher Probleme« – und bezugnehmend auf ein vom Kreis Gütersloh geplantes Rechtsgutachten zu Freifunk, den Antrag, eine Entscheidung zu vertagen, bis das Kreis-Gutachten vorliegt und bis dahin den Wortlaut der Entscheidung aus Harsewinkels zu beschließen.
Die BfGT beantragte, über den initialen Antrag von BfGT, GRÜNEN und LINKEN abzustimmen:
- Die Verwaltung wird beauftragt, durch den Netzbetreiber Regio IT den Port 10.000 freizuschalten, um so die Voraussetzung zu schaffen, dass Freifunk Gütersloh an dem Netz der Stadt Gütersloh betrieben werden kann
- Zeitnah soll zusammen mit der Bürgerinitiative Freifunk Gütersloh die Versorgung des Rathaus (insbesondere der öffentlichen Wartebereiche wie z. B. das Bürgerbüro) sowie der Kulturräume realisiert werden.
- Des Weiteren soll geprüft werden, welche zusätzlichen städtischen Standorte – auch in der Nähe von oder in den Unterkünften für Flüchtlinge und Asylanten – sich für eine kurzfristige Realisierung eignen.
Die Abstimmung zu 1. wurde seitens Verwaltung und Bürgermeisterin abgeblockt, dies »ginge nicht«. Was an einer Freischaltung von Port 10.000, im Zweifel sogar zu klar definierten Zielen, für die regio IT unmöglich sein soll, entzieht sich zwar dem Verständnis des Chronisten, aber nunja; Nobby Morkes war auch irritiert, stellte aber prompt den Antrag, dann zumindest über die Punkte 2. und 3. abzustimmen. Und, [trommelwirbel an] diese wurden mit den Stimmen von SPD, Linken, Grünen und BfGT bei Gegenstimme der Bürgermeisterin und Enthaltung von CDU und UWG … angenommen, yeah! [trommelwirbel aus]
Im Anschluß gab es eine Verfahrensdiskussion, denn die CDU war eigentlich der Meinung, nun würde über ihren Antrag abgestimmt — den mit der Vertagung bis, naja, später. Da aber der BfGT-Grünen-Linken-Antrag nun angenommen wurde, machte eine Vertagung ja keinen Sinn mehr, wie die Versammlungsleitung informierte.
Nunja, wie dem auch sei, die Bürgermeisterin prüft nun, ob der Antrag noch, wie vorgesehen, im Rat behandelt werden müsse – was mangels Kosten, die nur aufgrund der, heute zurückgezogenen, Vorlage der Verwaltung überhaupt entstanden wären, nach Ansicht von Teilen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Hauptausschußsitzung nicht der Fall ist – sowie, ob es andere Gründe gibt, die gegen die Umsetzung des Beschlusses stehen.
Und, wie das Ausschußmitglied der UWG feststellte, »zeitnah« ist kein juristisch klar definierter Begriff — es ist somit leider nicht davon auszugehen, daß sich in den nächsten Monaten (Sommerpause) etwas tun wird bzgl. Unterstützung von Freifunk durch die Stadt Gütersloh …
Insofern, ja, wir haben einen Etappensieg errungen, und danken den Parteien, die uns hierbei unterstützt haben. Ob es am Ende ein Pyrrhussieg war, wird die Zeit zeigen — wobei, so richtig dolle verausgabt haben wir uns ja nicht, außer Zeit hat uns der bisherige Prozeß nichts gekostet ;) Und um das auch nicht geschehen zu lassen: vielen Dank an Detlev, der viel freie Zeit mit dem »an den Mensch bringen« der Freifunk-Gütersloh-Idee verbringt!
Wünschenswert wäre es, wenn Verwaltung und Stadt Gütersloh sich bzgl. des Punktes »soll geprüft werden, welche zusätzlichen städtischen Standorte – auch in der Nähe von oder in den Unterkünften für Flüchtlinge und Asylanten – sich für eine kurzfristige Realisierung eignen« wirklich kurzfristig bewegen könnten. Die Anträge datieren vom Februar diesen Jahres, und in den Gesprächen mit Bewohnern dieser Unterkünfte – die der Chronist vor geraumer Zeit schon mit einem Mitglied des AK Asyl der evangelischen Kirche besucht hat – wurde klar, daß es durchaus Sinn machen würde, hier das »digitale Glas Wasser« zu spenden. Neben dem Wunsch nach Internet-, vielleicht gar Videotelefonie in die Heimat, gab es auch Stimmen von Schülern, die auf die faktische Notwendigkeit eines heimischen Internet-Zugangs hinwiesen, denn dies wird heute stillschweigend vorausgesetzt — auch dies kann der Chronist aus eigener Erfahrung bestätigen. (Wie auch, daß an manchen Schulen von den Kindern erwartet wird, Schulaufgaben, mangels Schul-WLAN, auf Kosten ihres Datenkontingentes zu lösen. Grotesk, wenn dann von einer »pädagogischen Entscheidung, keinen ungefilterten WLAN-Zugang bereitzustellen« gesprochen wird (und gleich gar kein WLAN geboten): der Zugang via Mobilfunk ist immer ungefiltert und für das Datenaufkommen der Kids zahlen die Eltern … Aber das ist ein Luxusproblem im Kontext der Flüchtlinge, ein gänzlich anderes Thema.)
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