In Verl tut sich was. In Verl möchte man wohl WLAN an öffentlichen Plätzen sehen, und um nichts falsch zu machen, hat man Experten beauftragt, den Rat zu beraten.
Der Presse ist zu entnehmen, daß die SPD in Verl irgendwas mit Freifunk präferiert, die CDU hingegen eine traditionelle Hotspot-Lösung. Bemerkenswert, als auch bedauerlich, ist jedenfalls, daß offensichtlich auch in Verl mal wieder über Freifunk geredet werden soll — ohne Beteiligung der Freifunker. An uns ist über die offiziellen Kanäle die Stadt Verl jedenfalls bislang nicht herangetreten; schade.
Als erster »Experte« hatte demnach einer der Geschäftsführer der Firma »EFN eifel-net Internetprovider GmbH«, Michael Bergeritz, diese Woche seinen Auftritt. »Wortgewaltig«, schreibt das Westfalenblatt, stellte dieser wohl seine Thesen vor, leider sind seine Informationen zu Freifunk nicht wirklich auf der Höhe der Zeit.
Damit nicht der Eindruck entsteht, dieser »Experte« hätte mit seinen kruden Aussagen recht, also mal wieder eine Art Gegendarstellung:
Aussage »Experte« zu Freifunk | Realität |
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»Keine Qualitätsgarantie.« | Welche Art von Garantie sollte gegeben werden? Die Performance ist immer auch eine Funktion aus parallelen Nutzern und Bandbreite des Anschlusses. |
»Freifunk ist nicht leistungsfähig; nur geringer Durchsatz (max. 8 MBit/sec).« | Auch dies ist eine direkte Funktion des eingesezten Kapitals: mit entsprechender Technik kann auch via Freifunk im Kreis GT 100 MBit/sec und mehr pro Zugang bereitgestellt werden. Das hat mit dem »digitalen Glas Wasser«, was Freifunk bereitstellen möchte, allerdings wenig zu tun. |
»Man nimmt Hardware aus Hobbybereich.« | Wir setzen sowohl Geräte aus dem Heim- sowie SoHo-Bereich ein als auch Geräte aus dem »professionellen« Segment. Die Frage ist, ob ein Eiscafe wirklich besser mit einem professionellen Dual-Band-Accesspoint für 300,– EUR fährt als mit einem Heimgerät für 70,– EUR — wenn beide dabei doch vom technischen Kern nahezu identisch sind? |
»Durch Richtlinie 2014/53/EU wird Freifunk illegal.« | Das ist in der Tat ein juristisches Geschwurbel, was die EU da verbockt hat; weder ist Stand heute klar, welche Geräte betroffen sind, noch ist das vermeintliche Ende quelloffener Software auf Geräten mit Funkschnittstelle Ziel der EU. Freifunk jedenfalls wird durch die Richtlinie weder illegal noch prinzipiell unmöglich. |
»Schlecht, da dezentraler Aufbau.« | Das ist eigentlich eine Stärke des Freifunk-Ansatzes; jeder kann, keiner muß. Wobei natürlich es möglich ist, über Verträge sich Standorte und den Betrieb eines Freifunk-Routers dort zu sichern. |
»Der Datenverkehr läuft über ausländische Server, das ist eine Grauzone.« | Da hat der Experte sich schlicht nicht informiert. Der Freifunk im Kreis GT nutzt schon seit Anfang Oktober 2014 keinen Umweg über das Ausland mehr. Eher aber aus Gründen des Datendurchsatzes, denn illegal ist auch das nicht. |
»Freifunk ist illegal wegen neuer Vorratsdatenspeicherung.« | Erst in über 12 Monaten läuft die Übergangsfrist ab; bis dahin läuft noch viel Wasser die Spree herunter und am rechtlichen Status des Freifunks in der heutigen Form ändert sich nichts. Wir gehen jedenfalls davon aus, daß auch dieses VDS-Gesetz als nicht verfassungsgemäß gekippt wird. |
»Freifunk ist nach §6 TKG nicht als Provider angemeldet.« | Beide Provider, über die wir beim Freifunk im Kreis GT ins Internet gehen – der Förderverein Freie Netze e. V. sowie der Freifunk Rheinland e. V. – sind bei der BNetzA entsprechend gemeldet. |
Es ist schon bemerkenswert, mit wieviel gezielter Unschärfe bis hin zur Unwahrheit hier gegen Freifunk argumentiert wird.
Und es ist wie gesagt schade, daß wieder einmal über uns Freifunker geredet wird, statt mit uns. Die rechtlichen Themen wurden mehrfach erörtert, TMG-Änderung (die derzeit auf Eis liegt) und VDS inklusive.
Auch die EU-Richtlinie aus 2014 ist nicht neu. Technisch entwickelt sich Meshnetworking hin zu einem generell unterstützten Standard (802.11s), insofern kann der Zeitpunkt kommen, daß wir nur noch Konfigurationen ersetzen müssen statt ganzer Routerfirmwares. Aber vieles wird halt erst die Zeit zeigen …
Es bleibt nur, festzuhalten, daß die Mitnutzung von Internetzugängen gar nicht das Fernziel ist; dieses lautet »Funkbackbone«, und damit das realisiert werden kann, wäre eine Zusammenarbeit auch mit der Stadt Verl sinnvoll und wünschenswert.